Wildtierfotografie: Sicher im Umgang mit Kamera und Objektiv

Wildtierfotograf in Aktion

Nachdem wir uns im Beitrag „Ratgeber: Wildtiere fotografieren“ mit den nicht-technischen Grundlagen der Wildlifefotografie beschäftigt haben (z.B. Planung, Wildtiere ausfindig machen, Ansitz, Tarnung, …), geht es in diesem Teil darum, Kamera und Objektiv schnell und blind bedienen zu können.

Besonders wenn einem vor Aufregung das Herz bis zum Hals schlägt, ist es wichtig alle Einstellungen, Modi, Funktionen und Tricks zu kennen, damit die ganze Vorbereitung, Anreise und das Warten nicht für die Katz war.

Dieser Beitrag vermittelt die nötige Theorie. Das ist stellenweise recht schwere Kost, aber es lohnt sich! Nimm dir beim Lesen einfach deine Kamera zur Hand, suche die Einstellungen an deinen Wahlrädern oder in deinem Menü und richte schonmal alles für den nächsten Fotoausflug ein.


Technik beherrschen: Die 3 wichtigsten Tipps für Wildtierfotografen

Fototechnik beherrschen lernen, hier: Panasonic G9 mit PanaLeica 100-400

Tipp 1: Das Motiv schnell und sicher anvisieren mit der Kreuzanvisierung

Besonders bei Vögeln und flinken Tieren kann es sehr schwierig sein dein Motiv schnell und sicher anzuvisieren. Hierbei verpasst man schnell mal eine einmalige Gelegenheit.

Zur Veranschaulichung: Das PanaLeica 100-400mm hat eine kleinbildäquivalente Brennweite von 800mm und somit einen resultierenden Bildwinkel von 3°. Bei einem angenommenen Sichtfeld von 180° kannst du dir gut vorstellen, dass ein Motiv ohne Tricks nicht einfach anzuvisieren ist.

Um das Ganze noch besser zu verstehen, empfehle ich den Nikon-Objektivsimulator

Um dem Problem entgegenzutreten, nutzen viele Fotografen die Zoomtechnik zum Anvisieren. Dabei zoomt man sein Objektiv erst ein (z.B. 70mm bei einem 70-300mm), fixiert das Motiv und zoomt dann wieder raus (z.B. dann auf 300mm). Diese Methode ist zwar zuverlässig, aber langsam und funktioniert nicht mit Festbrennweiten.

Greifvögel mit einem Teleobjektiv anvisieren per KreuzanvisierungMithilfe der Kreuzanvisierung steigt die Trefferquote, besonders für fliegende Motive um ein vielfaches.
[Sony Alpha 700 mit 70-400 G SSM@400mm, f5.6, 1/640s, ISO 200]
Das geht allerdings viel einfacher, schneller und präziser mit der sog. Kreuzanvisierung:
Voraussetzung für diesen schnell zu erlernenden Trick ist, dass du mit dem rechten Auge durch den Sucher schaust. Falls du bisher mit dem linken Auge durch den Sucher geschaut hast, kann es anfangs ungewohnt und etwas anstrengend sein, aber nach wenigen Wochen hat man sich daran gewöhnt.

Stelle den Einzelfeld-AF, Punkt-AF oder eine Zentralmarkierung im Menü deiner Kamera ein und stelle sicher, dass sich der AF-Kasten in der Mitte befindet. Wenn du nun mit dem rechten Auge durch den Sucher schaust und gleichzeitig das linke Auge offen hälst, dann sorgt dein Gehirn dafür, dass du das Feld aus dem Sucher auch in der Landschaft siehst. So kannst du das Tier ohne viel Übung punktgenau anvisieren.

Tipp 2: Kameraeinstellungen überprüfen

Folgende Situation: Du schlenderst mit deiner Kamera durch den Wald und entdeckst am Wegesrand ein paar farbenprächtige Pilze unter einer Wurzel. Um das interessante Motiv festzuhalten, nutzt du ISO200 bei Blende 9. Die Kamera belichtet im A-Modus (Zeitautomatik) mit grenzwertiger 1/20.tel Sekunde, doch dein Bildstabilisator sorgt für verwacklungsfreie Bilder.

Einige Zeit später genießt du das traumhafte Licht in der Dämmerung, bis plötzlich ein Fuchs auftaucht. Du richtest die Kamera aus und hast einige Aufnahmen im Kasten. Doch bei der Durchsicht der Bilder findest du nur verschwommene Aufnahmen. Leider hattest du immernoch die Einstellungen vom Pilz. Deine Kamera musste mit der weit geschlossenen Blende 9 und ISO 100 viel zu lange belichten. Für die Belichtungszeit von 1/20s ist der Fuchs viel zu schnell unterwegs.

Um das zu vermeiden, macht es Sinn die Kamera immer wieder auf die Einstellungen zurück zu stellen, die man für Situationen benötigt, in denen man keine Zeit hat, erst noch ISO rauf zu stellen und die Blende zu öffnen.

Eine recht sichere Möglichkeit ist die C-Funktion im Moduswahlrad. So kann man mit einem Dreh zwischen vorher einprogrammierten Einstellungen wählen.

Hier ein Beispiel (für Einsteiger):
  • C1 (für Rehe, Fasane, Füchse, etc): A-Modus (Zeitautomatik), Blende 5.6 (oder die Offenblende deines Teles), Max-Auto-ISO 3200 & elektronischer Verschluss.
  • C2 (für flinke Tiere wie Vögel, Eichhörnchen, etc): B-Modus (Blendenautomatik), 1/640s, Max-Auto-ISO 3200.
  • M-Modus für alle Motive wie Landschaft oder Makroaufnahmen, für die du ausreichend Zeit hast.

Tipp 3: Lerne deine Kamera blind zu bedienen und erhöhe die Qualität deiner Aufnahmen

Wildtierfotograf bedient Kamera und Objektiv blind

Bei den ersten Wildtieraufnahmen ist die Aufregung bei den meisten angehenden Naturfotografen so groß, dass sie nur noch in der Lage sind auf den Auslöser zu drücken, während das Herz bis zum Kinn schlägt. Das führt nicht immer zu den besten Aufnahmen und nach wenigen Sekunden ist die Chance oft schon vertan.

Besser ist es (mit ein bisschen Übung) innerhalb der ersten 3 bis 4 Sekunden die richtigen Einstellungen zu treffen. Ein Abnehmen der Kamera vom Auge würde hier nicht nur unnötig Zeit kosten, sondern das Tier eventuell verschrecken. Daher ist es essentiell, die Kamera blind, mit dem Auge am Sucher bedienen zu können.

Das erfordert natürlich etwas Übung. Abhilfe schaffen hier Trockenübungen zum blinden Einstellen aller wichtigen Parameter. Außerdem sollte man sich im Menü auskennen und alle Räder und Knöpfe nach und nach seinen eigenen Bedürfnissen anpassen.

Hier ein paar Vorschläge zum üben:
Fange am besten mit folgenden Einstellungen an:
  • Vorderrad: Zeit/Belichtungskorrektur
    Ich persönlich bevorzuge das Belichtungszeit (bzw. Belichtungskorrektur im A-Modus) auf dem Hinterrad (auf der Seite, wo sich der Sucher befindet)

  • Hinterrad: Blende
    Die Blende setze ich gerne auf das Vorderrad (auf der Seite, wo sich das Objektiv befindet). Das kann man sich am leichtesten merken.

  • Menübedienrad: ISO (oder ISO-Knopf)
    Die meisten Kameras verfügen über einen eigenen ISO.Knopf. Auch diesen sollte man blind, sofort finden und bedienen können. Manche Kameras, wie meine Pansonic G9 erlauben es auch, den ISO-Wert mit dem Menürad zu verstellen.

Zu den ganzen, hier erwähnten Einstellungen und Modi tauchen wir weiter unten im Beitrag tiefer ein.

Wenn du diese Einstellungen beherrschst, kann es wie folgt weitergehen:
  • Autofokusfunktionen:
    • AF-Steuerkreuz/AF-Touch
    • Umschalten zwischen AF-S (Einzelautofokus), AF-C (Nachführautofokus) und MF (manuell Scharfstellen)
    • AF-Modus wechseln (Einfeldmessung, Mehrfeldmessung, Tier-AF, Verfolgung, etc)
    • AF-Punkt mit einem Druck wieder in die Mitte setzen

  • Umschalten zwischen mechanischen und elektronischen Verschluss (an aktuellen mFT-Kameras kann dauerhaft der elektronische Verschluss genutzt werden)

  • Umschalten zwischen Einzelbild und verschiedenen Stufen der Serienbildgeschwindigkeit (bei modernen Kameras mit elektronischem Verschluss möchte man nicht immer 30 Bilder pro Sekunde rausballern. Mir und meiner Speicherkarte reichen meist schon 10 Bilder die Sekunde).

  • Zu guter Letzt und meiner Meinung nach sehr wichtig: Ein Video blind starten und auch sicher wieder beenden, wenn man stattdessen schnell wieder ein Foto schießen möchte.

Kleiner Tipp am Rande: Umso teurer die Kameras, desto besser lassen sie sich in der Regel blind bedienen. Daher lohnt es sich manchmal eher zur älteren gebrauchten Profikamera, als zur modernen Mittelklassekamera zu greifen.

Mechanischer oder elektronischer Verschluss?

Mechaniker und elektronischer Verschlzss

An allen spiegellosen Systemkameras kann man im Menü, oder manchmal per Schalter zwischen dem mechanischen und dem elektronischen Verschluss wählen. Während der elektronische Verschluss lautlos agiert, kann der mechanische Verschluss schon einige Tiere zur Flucht bewegen. Trotzdem kann man (noch) nicht gänzlich auf den mechanischen Verschluss verzichten…

Kurzerklärung – Was ist ein mechanischer Verschluss?

Der mechanische Verschluss wurde bereits zu analogen Zeiten in Kameras verwendet. Stell dir einfach eine Jalousie vor, die sich kurz öffnet und wieder schließt. Die Dauer der Öffnung ist dann die Verschlusszeit, bzw. Belichtungszeit. Die Verschlussmechanik verursacht dann, das manchmal mehr, manchmal weniger problematische Geräusch.

Kurzerklärung – Was ist ein elektronischer Verschluss?

Der elektronische Verschluss wird auch beim Auslesen von Videobildern verwendet. Auch in Handys und Kompaktkameras findest du nur diese Art von Verschluss.

Die Funktionsweise ist einfach erklärt: Der Prozessor in der Kamera liest den Kamerasensor Zeile für Zeile aus, wobei jede Fotozelle in dieser Reihe für die Dauer der gewünschten Belichtungszeit aktiviert und wieder deaktiviert wird.

Kleine Sensoren wie in Handys und Kompaktkameras lassen sich sehr schnell auslesen. Auch microFourThirds-Sensoren der neueren Generation (ab 20 MP), sowie neueste Profi-Kameras von Sony und Canon sind hier ziemlich unproblematisch.

Schwierig wird es bei den meisten älteren Vollformatkameras. Der große Sensor braucht mehr Zeit um ausgelesen zu werden. Dadurch kann der sog. Rolling-Shutter Effekt auftreten. Das führt dann zum Beispiel dazu, dass das Bein eines rennenden Tieres plötzlich kreisförmig abgebildet wird (wegen der zeilenweise Auslesung des Sensors).

Meine Empfehlung für die Praxis

Ob und wie stark sich der Rolling-Shutter-Effekt bei deiner Kamera auswirkt, kannst du entweder recherchieren oder selbst ausprobieren. Bitte einfach jemanden einen Besenstiel oder einen Kochlöffel zu schwingen, während du mit dem elektronischen Verschluss auslöst. Umso schneller der Besenstiel geschwungen wird, desto schlimmer dürfte das Ergebnis ausfallen.

Ich würde den elektronischen Verschluss beim Fotoansitz grundsätzlich voreingestellt lassen. In der Regel sind für den elektronischen Verschluss nur sehr schnelle Bewegungen problematisch. Stell dir dann einfach einen Schalter oder eine Fn-Taste zum Wechseln auf den mechanischen Verschluss ein, oder nutze die Custom-Modes am Moduswahlrad.

Noch nicht ganz verstanden? Das Video von Stephan Klapszus erklärt den mechanischen und elektronischen Verschluss sehr ausführlich und verständlich.

Hier geht´s zum Video auf YouTube: Alles was Du über den Verschluss Deiner Kamera wissen solltest (elektronisch/mechanisch) von Stephan Klapszus

Einstellungen für scharfe und korrekt belichtete Bilder

Die richtigen Einstellungen für scharfe und korrekt belichtete Bilder

Verwacklungsfreie Bilder: Lange Brennweiten benötigen lange Verschlusszeiten

Grundsätzlich gilt für alle Brennweiten:

Für verwacklungsfreie, scharfe Aufnahmen sollte mindestens der Kehrwert der Brennweite als maximale Belichtungszeit ausgewählt werden. Zum Beispiel 1/500 Sekunde bei 500mm und 1/50 Sekunde bei 50mm. An dem Beispiel kann man gut erkennen, warum das Fotografieren mit langen Brennweiten zu deutlich mehr unscharfen und verwackelten Aufnahmen führen kann.

Vergleich der verschiedenen Sensorgrößes Vollformat, APS-C und FourThirds
Achtung: 300mm sind zum Beispiel an einer APS-C Kamera (z.B. Sony A6400) nicht gleich 300mm, sondern äquivalent zum Kleinbildformat 450mm (Crop-Faktor 1,5). An microFourThirds (z.B. Panasonic G9) entspräche das sogar dem Bildausschnitt eines 600mm-Objektivs.

Hier müsste man also entsprechend der resultierenden Brennweite den Kehrwert nehmen, also statt 1/300s dann 1/450s oder 1/600s.

Weitere Informationen und Tabellen zur kleinbildäquivalenten Brennweite deiner Kamera-Objektivkombination findest du in meinem ausführlichen Beitrag zum Crop-Faktor

Wie effektiv ist der Bildstabilisator am Teleobjektiv?

Die oben beschriebene Regel gilt natürlich nur ohne die Verwendung eines Bildstabilisators. Bei spiegellosen Systemkameras arbeiten der Stabilisator in der Kamera und im Objektiv zusammen und ermöglichen selbst bei sehr langen Brennweiten knackscharfe Aufnahmen bei Verschlusszeiten von 1/30 Sekunde und länger.

Klingt besser, als es in der Praxis ist, denn die Tiere halten in der Regel nicht still. 😊 Will man Tiere in Bewegung fotografieren, so arbeitet man eigentlich immer zwischen 1/80s und 1/250s. Bei Vögeln entsprechend noch kürzer.

Was mache ich bei schlechten Lichtverhältnissen?

Wenn die Blende geöffnet ist und der ISO-Wert an der optisch erträglichen Marke knabbert, dann kann man entweder nach Hause gehen, oder ein paar Tricks anwenden:

  1. Solange die Aufnahmen nicht verwackeln, sondern nur die Bewegungen der Tiere verwischt werden, lohnt es sich die Serienbildfunktion anzuschmeißen und auf Quantität zu setzen. Meistens hat man zwischendurch einige scharfe, verwertbare Aufnahmen.
  2. ISO-Wert hochschrauben und professionelle Entrauschsoftware benutzen (z.B. Topaz DeNoise)
  3. Zoomobjektive haben bei kurzen Brennweiten meist offenere Blenden. Zum Beispiel nutze ich mein Panasonic 100-400 f4-6.3 natürlich in 95% der Fälle bei 400mm (800mm kleinbildäquivalent), Blende f6.3, doch wenn gar nichts mehr möglich ist, kann ich immer noch bis auf 100mm (200mm kleinbildäquivalent) herunterzoomen und gewinne dadurch mit Blende 4 weitere 15 Minuten zum Fotografieren.

Warum ist mein Bild unscharf, obwohl ich richtig belichtet habe und das Bild nicht verwackelt ist (Hitzeflimmern)?

Selbst wenn alle Einstellungen perfekt waren, kann es vorkommen, dass die Aufnahme durch Hitzflimmern absolut unbrauchbar ist. Hitzeflimmern entsteht, wenn der Boden wärmer ist, als die umgebende Luft. Also meistens auf offenen Flächen, wenn die Sonne den Boden tagsüber aufgeheizt hat und sich die Luft gegen Abend abkühlt. Leider kann man dagegen recht wenig tun. Umso kürzer die Brennweite, desto geringer ist dieser Effekt, doch dagegen lässt sich weder vor Ort, nach nachträglich am PC irgendetwas machen.

Da hilft nur früh aufstehen oder im Wald fotografieren…

Moduswahlrad: M, A, S oder P?

Moduswahlrad wird von roten Waldameisen inspiziert
Sollte gemieden werden: P-Modus (Programmautomatik)

Im P-Modus wählt die Kamera automatisch die Einstellungen für Blende und Verschlusszeit. Lediglich die Auswahl des ISO-Wertes regelt der Fotograf (wenn man nicht auch noch AUTO-ISO benutzt).

Meine Meinung: Im Grunde bietet die Programmautomatik heutzutage keinen Mehrwert mehr für ambitionierte Fotografen, muss also nicht weiter beachtet werden.

Nützlich: A-Modus oder Av-Modus (Zeitautomatik)

Bei der sogenannten Zeitautomatik, kannst du die Blende frei wählen und die Kamera regelt die Belichtung dann automatisch über die Verschlusszeit.

Wer viel mit der Zeitautomatik fotografiert, der kommt nicht umher sich mit der Belichtungskorrektur der Kamera zu beschäftigen. Das ist eine Leiste, meistens mit 5 Zahlen im Minus und 5 im Plus. Falls die automatische Belichtung zu hell oder zu dunkel sein sollte, kann man das über das Drehrad für die Belichtungskorrektur korrigieren.

Von Werk aus berechnen Kameras die Belichtung anhand der Durchschnittshelligkeit des gesamten Bildes. Wenn man nun aber zum Beispiel Vögel im Flug fotografiert, wird der Vogel in dem Fall sehr dunkel abgebildet, weil der Rest vom Bild, nach Meinung der Kamera, stark überbelichtet ist.

Abhilfe schaffen hier die verschiedenen Belichtungsmessmethoden. Neben vielen, teils intelligenten Mischversionen, gibt es die Mehrfeldmessung und die Spotmessung. Letzteres benutzt als Berechnungsgrundlage nur den selektierten Bereich in der Mitte des Bildes.

So mache ich es: Ich persönlich ändere die Messmethode nie, sondern passe Blende, Verschlusszeit und ISO-Wert bei Bedarf lieber gleich von selbst an (M-Modus) und habe exakt das Ergebnis, das ich mir vorgestellt habe. Das funktioniert für mich sehr gut, aber es gibt sehr viele Fotografen, die auf die verschiedenen Belichtungsmessmethoden zurückgreifen.

Egal welchen Weg du wählst, es ist nur wichtig dabei zu bleiben, damit du lernst die Einstellungen in kurzer Zeit vorzunehmen. Beide Wege führen zum Ziel!

Manchmal dauert es länger, den Automatiken in der Kamera zu vermitteln, was man eigentlich will, als die Einstellungen selbst vorzunehmen.

Essentiell: M-Modus (manueller Modus)

Der manuelle Modus gibt dem Fotografen die volle Kontrolle über seine Einstellungen. Blende und Verschlusszeit werden von Hand eingestellt. Beim ISO-Wert hat man unabhängig natürlich die Wahl zwischen manuell und automatisch.

Wenn die Fotografie im Allgemeinen Neuland für dich ist, empfehle ich dir, das Moduswahlrad auf M einzustellen und erstmal einige Zeit nicht mehr anzurühren. Das manuelle Anpassen von Blende und Verschlusszeit wird dir schnell ins Blut übergehen. Nur so wirst du die Auswirkungen von Blende und Verschlusszeit auf deine Bildgestaltung wirklich verinnerlichen.

S-Modus (Blendenautomatik) + Alternative

Ich muss zugeben, dass mein Moduswahlrad diese Einstellung, genauso wie den P-Modus noch nie gesehen hat. Bei der Blendenautomatik kann man eine feste Verschlusszeit einstellen und die Kamera regelt die Blende von selbst. Wer dennoch eine fixe Verschlusszeit haben möchte, kann im M-Modus fotografieren. Die Belichtungskorrektur kann bei modernen Kameras über AUTO-ISO geregelt werden und man behält die Kontrolle über die Blende, also die Freistellung des Motivs.

Bitte vergiss nicht den AUTO-ISO Maximal-Wert einzustellen. Wenn du nicht sicher bist, welchen Wert du einstellen sollst, sind hier meine Empfehlungen:

  • microFourThirds: ISO 3200
  • APS-C: ISO 6400
  • Vollformat: ISO 12800
... und noch ein Tipp: Zum Beispiel beim Fotografieren von Vögeln im Flug erreicht man besonders schöne Aufnahmen mit Mitziehern. Der Körper ist scharf, aber der Flügelschlag leicht verschwommen. Die nötige Verschlusszeit ist für jeden Vogel anders, allerdings wird selbst ISO 100 bei hellen Bedingungen nicht ausreichen, um die Verschlusszeit zum Beispiel für Bussarde auf 1/80s zu senken. Entweder schließt man hier die Blende, oder man benutzt einen ND-Filter.

Ein NeutralDichtefilter verdunkelt das Bild, je nach Stärke um bis zu 10 Blendenstufen, ohne die Freistellung vom Hintergrund zu beeinflussen. Dies ist bei fast allen Teleobjektiven für microFourThirds und APS-C noch möglich. Bei den meisten Vollformatobjektiven ist der Frontlinsendurchmesser zu groß für Schraubfilter.

Den Autofokus beherrschen

Autofokusschalter, AF-Joystick und AF/AE-Lock-Button für Backbutton-Autofokus an der Panasonic G9

Bei der Belichtung könnte man zu 99,9% getrost auf Automatiken und Messmethoden verzichten und Verschlusszeit, Blende und ISO-Wert von Hand einstellen (siehe M-Modus).

Nicht so beim Autofokus. Selbst mit jahrelanger Übung beim manuellen Scharfstellen, wirst du in der Wildtierfotografie niemals die Trefferquote erreichen, die bereits der Autofokus einer Einsteigerkamera ermöglicht.

Beim Fotografieren von wilden Tieren muss man die Autofokusfähigkeiten seiner Kamera kennen und teils tief in die Trickkiste greifen. Es gibt für jeden noch so komplizierten Einsatzzweck einen AF-Modus oder eine Einstellung, die man kennen sollte:

Verschiedene Autofokus-Modi verstehen

AF-S (AutoFocus-Single)

Wenn man den Auslöser halb durchdrückt, dann stellt der Einzelautofokus AF-S den gewählten Punkt im Sucher scharf. Ein erneutes Scharfstellen erreicht man nur durch wiederholtes halb drücken des Auslösers.

Dieser Modus ist besonders für statische Motive geeignet und ist an nahezu allen modernen Kameras schnell und zuverlässig.

AF-C (AutoFocus-Continuous)

Beim kontinuierlichem Autofokus oder Nachführautofokus stellt die Kamera permanent neu auf das gewünschte Motiv scharf. Das sorgt dafür, dass auch Motive in Bewegung scharf abgebildet werden können. Dieser Modus ist meist die erste Wahl in der Tier- und Vogelfotografie.

Hier trennt sich bei den Kameras auch heutzutage noch die Spreu vom Weizen. Je nach Marke und Kameramodell gibt es enorme Unterschiede in der Zuverlässigkeit des AF-C. In der Regel sagt der Preis einer Kamera viel über die AF-C-Fähigkeiten aus, da die teureren Kameras mit viel leistungsstärkeren Bildprozessoren ausgestattet sind.

AFF (AutoFocusFlexible), AF-A (AutoFocusAutomatic) oder AI Focus AF

Die Autofokusautomatik (AF-A) oder auch flexibler Autofokus (AFF) ist im Grunde ein AF-S (Einzelautofokus), der automatisch erkennt, wenn sich das scharfgestellte Motiv bewegt und stellt automatisch neu scharf, er schaltet quasi in den Nachführautofokus (AF-C). PS: Jeder Hersteller hat eine andere Bezeichnung für diesen Modus, doch im Grunde machen sie alle das gleiche.

MF (Manual Focus)
Focus Peaking und Bildschirmlupe an der Panasonic G9Auf den ersten Blick in den Sucher sieht das verdorrte Blatt scharf aus, doch der schein trügt. Durch die Kombination aus Sucherlupe und Focus Peaking, kann man falsch fokussierte Bereiche gut erkennen und die Schärfeebene korrigieren.

Der manuelle Focus dürfte eigentlich selbsterklärend sein.

Selbst in einem großen elektronischen Sucher ist das Einstellen der Schärfe von Hand sehr schwierig, bis unmöglich. Die Kameras bieten hier in der Regel aber eine Sucherlupe an. Diese kann entweder auf Knopfdruck aktiviert werden oder so eingestellt werden, dass diese beim Betätigen des Fokusrings (im MF-Modus) automatisch anspringt.

Eine weitere nützliche Hilfe ist das sog. Fokus Peaking. Hierbei werden im Bild alle scharfen Bereiche farblich hervorgehoben. Diese Funktion ist in der Regel sehr nützlich, kann aber auch dazu führen, dass man im scharfen Bereich vor lauter Farbe nur noch wenig erkennen kann.

Backbutton-Fokus benutzen (Vorteile von AF-S und AF-C vereinen)

Während man beim AF-S nach erfolgreicher Scharfstellung noch den Bildausschnitt wechseln kann, so hat der AF-C den Vorteil auch bewegte Motive permanent scharf zu stellen. Zum Glück kann man diese beiden Eigenschaften miteinander vereinen.

Der sog. „Backbutton-Fokus“ ist keine direkte Funktion in der Kamera, sondern eher eine Einstellung, die man vornehmen kann. Hierzu wird das Fokussieren beim halben Drücken des Auslösers in der Kamera deaktiviert und auf die „AF/AE Lock“-Taste gelegt. Bei aktiviertem AF-C, fokussiert die Kamera jetzt solange man die AF/AE-Lock-Taste gedrückt hält. Durch Loslassen kann man wie beim AF-S nun ganz in Ruhe den Bildausschnitt verschieben.

Übrigens auch sehr nützlich, wenn der Autofokus ständig von Ästen irritiert wird. Das erspart einem einige frustrierende Momente.

Die ersten paar Male wirkt das Ganze noch sehr ungewohnt, doch man gewöhnt sich sehr schnell an den Backbutton-Autofokus. Leider ist auch diese Einstellung keine „Eierlegende Wollmilchsau“. Speziell bei Makroaufnahmen aus der Hocke kommt man schlecht an den AF/AE-Lock Button heran. Ansonsten aber für alle normalen Aufnahmesituationen, in der Wildtierfotografie, oder Familienaufnahmen bestens geeignet.

Weitere Autofokus-Modi: AF-Felder, Verfolgung, Tiererkennung, etc


verschiedene Autofokusmodi
1-Feld-AF - Der Standard

Das Motiv wird innerhalb des einzelnen Autofokusfeldes scharfgestellt. Größe und Position des Feldes kann verändert werden.

Der 1-Feld-Autofokus ist in meinen Augen sehr vielseitig und oft die erste Wahl für sehr viele Aufnahmesituationen.

Punkt-AF - für punktgenaues Fokussieren

Beim Punkt-AF wird nur der Bereich scharfgestellt, der sich genau auf dem Punkt befindet. Der Punkt-AF erscheint meist als kleines Kreuz und kann in der Position verändert werden.

Im Grunde ein präziser 1-Feld-AF. Ich persönliche bevorzuge in so einem fotografischen Sonderfall aber den 1-Feld-AF auf kleinste Größe gestellt. Das reicht eigentlich immer aus und man bleibt etwas mehr flexibel.

Mehrfeld-AF - hohe Trefferquote bei Vögeln im Flug

Beim Mehrfeld-AF werden alle Autofokusfelder aktiviert. Leidglich die Anzahl der Felder kann eingestellt werden. Im Grunde bestimmt die Kamera, worauf scharf gestellt wird.

Es gibt Sonderfälle, in denen dieser Modus von Nutzen sein kann. Beispielsweise in Vogelbrutgebieten, wie am Lummenfelsen auf Helgoland erwischt man damit jedes herannahende Elterntier, egal aus welcher Ecke des Bilder der Vogel auch kommen mang. Beim Fotografieren "vor der eigenen Haustür" habe ich diesen Modus jedoch nie genutzt.

Multi-Individual-AF

Beim Multi-Individual-AF können aus allen verfügbaren Fokusfeldern spezifische Felder ausgewählt und kombiniert werden. Es sind horizontale und vertikale Reihen möglich, sowie eine Kreuzanordnung.

Die Anwendungsfälle sind hier sehr speziell. Besonders aber in Situationen, in denen man nicht genau weiß, wo das Tier genau auftauchen könnte, kann man den Fokusbereich vorher schonmal drastisch reduzieren.

Verfolgungs-AF

Der Verfolgungs-AF ist ziemlich interessant. Es ist nicht immer ganz einfach, sich bewegende Motive im Autofokusrahmen zu halten, damit die Kamera immer korrekt nachführen kann. Abhilfe schafft hier der Verfolgungs-AF. Man richtet das Kreuz auf das gewünschte Motiv, drückt den Auslöser halb durch und schon verfolgt die Kamera das Motiv.

Leider funktioniert das nur, wenn Fokusziel und Hintergrund sich farblich etwas voneinander unterscheiden. Bei Feldhasen auf einem frisch gepflückten Acker funktioniert das schonmal nur stellenweise. Ein weiteres Problem ist immer, dass der Verfolgungs-AF zwischendurch auf andere, ähnlich aussehende Motive überspringt.

Seitdem es aber die automatische Tiererkennung gibt, hat der Verfolgungs-AF in der Wildtierfotografie eigentlich ausgedient. Die Tiererkennung ist der Objekterkennung hier klar überlegen, zumal man vorher nicht das, zu verfolgende Motiv auswählen muss.

Tiererkennungs-AF / Vogel-AF

Immer mehr Kameras können Tiere im Bild automatisch erkennen und darauf scharfstellen, bei einigen Herstellern gar mit Tieraugenerkennung. Der Vorteil ist ganz klar: Man muss nicht mehr mit dem AF-Joystick oder dem Touch-AF den Fokuspunkt verschieben und hat am Ende des Tages viel mehr Aufnahmen, mit perfekt sitzender Schärfe im Kasten.

Die Tiererkennung erfordert viel Rechenpower und ist deshalb im Augenblick nur in teuren Kameras enthalten. In den kommenden Jahren wird das Fotografieren mit Tiererkennung jedoch zum Standard werden und technisch perfekte Bilder zur Regel. Das wird natürlich auch den Anspruch des Bildbetrachters weitreichend verändern.

Die Bildgestaltung, die Lichtgebung und seltene Verhaltensweisen werden demnach in der Wildtierfotografie eine immer größere Rolle spielen – Diese Entwicklung kann ich allerdings nur begrüßen!

Autofokus beschleunigen: Fokusbegrenzer am Objektiv nutzen

Fast alle aktuell verfügbaren Teleobjektive haben gegenüber den extrem teuren Festbrennweiten einen bedeutenden Vorteil: Die Naheinstellgrenze. Während die Naheinstellgrenze beim Canon RF 600mm/f4 ganze 4,2m beträgt, so kommt man zum Beispiel mit dem Tamron 150-500/f5-f6.7 bis zu 0,6m an sein Motiv heran.

Das hat allerdings nicht nur Vorteile. Durch den weiten Fokusbereich vom formatfüllenden Schmetterling, bis Unendlich, neigt solch ein Telezoom, besonders bei schlechten Lichtverhältnissen zu längeren Fokusfahrten, die sich mehrfach wiederholen können, das sog. „Pumpen“. Das hängt natürlich auch stark mit der Leistungsfähigkeit der eigenen Kamera zusammen, doch wer das oben genannte Problem kennt, der sollte von diesem Fokusbegrenzungsschalter regelmäßig gebrauch machen.

Mein Objektiv, das Panasonic 100-400mm bietet 2 Modi: FULL und 5m bis Unendlich (∞). Wenn ich also ohnehin Wildtiere mit einer Fluchtdistanz von 20 bis 30 Metern fotografiere, dann lohnt es sich, spätestens in der Dämmerung des Fokusbegrenzer auf 5m - ∞ umzuschalten.

Ebenfalls besonders nützlich ist der Fokusbegrenzer, wenn man liegend fotografiert und die Bodenvegetation vor sich hat. Ein Umschalten verhindert komplett, dass man statt auf das Reh, auf einen Grashalm scharfstellt.

Kann ich ein manuelles Objektiv in der Wildtierfotografie verwenden?

Alte manuelle Objektive mit Minolta MD- oder Canon FD- Anschluss sind deutlich günstiger zu haben als aktuelle Telebrennweiten ab 400mm, doch die Abbildungsleistung ist meistens mittelmäßig bis unterirdisch.

Nahezu alle alten manuellen Objektive lassen sich ohne Einschränkungen an aktuelle spiegellose Systemkameras adaptieren.

Objektive mit 300mm (z.B. Minolta MD 300mm f4.5) aus den 70er und 80er Jahren sind da schon deutlich leistungsstärker. 200mm Objektive (z.B. Minolta MD 200mm f4) werden in Schärfe und Auflösungsvermögen meistens heutigen Anforderungen gerecht.

Doch nun zur eigentlichen Frage: Das Fotografieren mit älteren Telebrennweiten ist heutzutage einfacher, wie zu Analogzeiten. Wir profitieren mit der neuen Kamerageneration von der kamerainternen Bildstabilisierung, Bildschirmlupe und Focus Peaking.

Dennoch erhöht ein Stativ die Ausbeute an scharfen Bildern enorm, da die interne Stabilisierung der Kamera bei höheren Brennweiten, an Effektivität verliert. In jedem Fall verlangt eine manuelle Telebrennweite von dir viel Geduld und Übung. Spaß macht es auf jeden Fall und in manchen Fällen hat man schneller von Hand scharf gestellt, als dem Autofokus verklickert auf was er fokussieren soll.

Wer sich mit den alten „Schätzchen“ beschäftigt, der kommt früher oder später auf die sog. Spiegelobjektive, wie das Tokina RMC 500mm f8. Solche Objektive machen zumindest mit einem Stativ und Focus Peaking Spaß, wobei die Bilder niemals ohne Nachbearbeitung auskommen. Besonders augenscheinlich ist das unruhige Bokeh, bedingt durch die Spiegelkonstruktion, weshalb sich diese kompakte Objektivbauweise nie im Kameramarkt durchgesetzt hat.



Und hier geht´s weiter mit dem Thema:

Buchempfehlungen und eine Linkliste zum Thema Wildtierfotografie:
Linkliste Wildtierfotografie [+ Bücher & Videos] auf waldfoto.de





Beitrag zuletzt bearbeitet am 12.09.2021

Über den Autor

Sven Caspers Naturfotograf

Geschrieben von Sven Caspers. Naturfotograf, Gießereimeister und Inhaber von waldfoto.de
Weitere Informationen zu waldfoto.de und meiner Person findet Ihr hier: About

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